Einspruch, Euer Ehren!

Es gibt viele Fernsehserien, in denen Schauspieler Anwälte vor Gericht darstellen. Richtige Anwälte und Richter schütteln oft den Kopf über das, was da ausschließlich im Interesse der Dramatik geboten wird und was es im richtigen Leben überhaupt nicht gibt oder was sogar rechtswidrig wäre. Welcher Kollege ist noch nicht mit der Anfrage konfrontiert worden, ob er nicht mit einem Detektiv zusammen arbeitet (Ein Fall für Zwei, Wilsberg etc.) oder welche Papiere man für die Scheidung unterschreiben muss (gar keine!)

 

Auch über das Verfahren bei Gericht bestehen die wildesten Vorstellungen und manchmal sind die Mandanten ziemlich enttäuscht, wie sachlich und nüchtern ein Gerichtstermin abläuft, verglichen mit dem Tohuwabohu in den allseits bekannten Fernsehgerichtsverfahren.

Deswegen hier ein paar Erklärungen für typische Vorgänge in Familiensachen.

Was genau ist Verfahrenskostenhilfe?

 

Eine Form der Sozialhilfe, um auch bedürftigen Menschen, die einen Anwalt nicht aus eigener Tasche bezahlen könnten, den Zugang zum Recht zu gewähren. Verfahrenshilfe kann ratenfrei oder mit Raten bewilligt werden, das hängt von den wirtschaftlichen Umständen im Einzelfall ab.

Die Verfahrenskostenhilfe(VKH) deckt immer die Gerichtskosten und die Kosten des eigenen Anwalts ab, nicht aber die Kosten der Gegenseite. Unterliegen Sie in einem Rechtsstreit, dann müssen Sie damit rechnen, dass Sie trotz VKH die gegnerischen Rechtsanwaltskosten tragen müssen.

Wer bekommt den sogenannten Berechtigungsschein?

 

Jeder, der arm im Sinne des Gesetzes ist und der nicht mutwillig handelt. Zuständig für die Erteilung ist das Amtsgerichts Ihres Wohnsitzes. Der Rechtspfleger prüft dabei Ihre Einkommens – und Vermögensverhältnisse sowie Ihr Anliegen. Sind die Voraussetzungen erfüllt, bekommen Sie den Berechtigungsschein und können damit jeden Rechtsanwalt und auch einen Steuerberater beauftragen.

Kann ich geschieden werden, wenn mein Ehepartner der Scheidung nicht zustimmen will?

 

Ja, wenn Sie ein Jahr getrennt gelebt haben und es keine ehelichen Gemeinsamkeiten gegeben hat.

Dann wird vermutet, dass die Ehe zerrüttet ist und sie wird geschieden, auch wenn der Andere nicht zustimmt. Leben Sie nachweisbar schon länger als 3 Jahre von einander getrennt, dann ist diese Vermutung unwiderlegbar und dann wird immer geschieden.

Was passiert im Scheidungstermin?

 

Wenn Sie einen Rechtsanwalt beauftragt haben, wird er mit Ihnen zusammen den Termin wahrnehmen. Der zuständige Richter hört die Parteien zum Getrenntleben an und fragt nach, ob beide geschieden werden wollen. Wenn dies bejaht wird, wird mit den Beteiligten über den Versorgungsausgleich gesprochen. Dabei können nochmal Unklarheiten erörtert werden. Im Anschluss daran müssen Sie Auskunft über Ihr Einkommen und Vermögen zum Zeitpunkt der Einreichung des Scheidungsantrages erteilen, damit nach diesem Wert die Gerichts – und Anwaltskosten endgültig berechnet werden können.

 

Sind beide anwaltlich vertreten und wird dies gewünscht, dann kann auf ein Rechtsmittel gegen die Scheidung verzichtet werden. Damit wird die Scheidung sofort im Termin rechtskräftig; ansonsten erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist von einem Monat.

Muss ich bei Streitigkeiten in der Familie immer einen Rechtsanwalt beauftragen?

 

Nein, es gibt Verfahren mit und ohne Anwaltszwang. Z. B. können Sie in Fragen des Umgangs und der elterlichen Sorge auch ohne Anwalt bei Gericht erscheinen. Beim Unterhalt ist hingegen eine Vertretung zwingend vorgeschrieben. Im Scheidungsverfahren braucht derjenige einen Anwalt, der den Scheidungsantrag stellen will, der andere wird nur angehört und kann allein kommen.

Fraglich ist aber, ob das sinnvoll ist. Als Laien können Sie nicht einschätzen, auf was der juristische Vortrag des gegnerischen Anwalts oder des Richters abzielt. Sie wissen auch nicht sicher, welche Rechte Sie haben und wie Sie sich taktisch klug verhalten.

Falls Sie Bedenken wegen der Kosten haben, dann fragen Sie bei Ihrem Amtsgericht nach einem Berechtigungsschein nach. In den Verfahren selber wird der Anwalt Sie auf die Möglichkeit der Verfahrenskostenhilfe hinweisen.

Kann ich z.B. Unterhalt einklagen, wenn ich nicht weiß, wo der Andere lebt oder er sich im Ausland aufhält?

 

Ja, es ist nur etwas umständlicher und dauert auch länger. Wenn Sie die Anschrift nicht wissen, dann müssen zunächst alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, die Adresse zu erhalten. Wenn weder Einwohnermeldeamtsauskunft noch Fragen beim Arbeitgeber, Freunden oder Verwandten irgendein Ergebnis gebracht hat, dann wird der Antrag öffentlich zugestellt. Danach wird ganz normal weiter verhandelt.

Lebt der Andere im Ausland, ist es hilfreich, wenn er in Deutschland schriftlich einen Zustellungsbevollmächtigen ernennt, d.h. eine Person an die an seiner Statt zugestellt werden kann. Gibt es eine solche Person nicht, dann muss der umständlichere Weg über eine Zustellung im Ausland erfolgen. Je nach Land kann dies auch schon mal bis zu einem Jahr dauern. Wenn also beide geschieden werden wollen, dann ist es sehr hilfreich, wenn im Inland jemand bevollmächtigt wird, an den das Amtsgericht alles zustellen kann.

Mir wurde VKH bewilligt. Ist damit die Kostenseite für mich erledigt?

 

Jein, bei ratenfreier VKH wird Ihr Anwalt mit der Staatskasse abrechnen. Haben Sie das Verfahren gewonnen, haben Sie auch mit den Kosten der Gegenseite nichts mehr zu tun.

 

Allerdings kann in den nächsten 4 Jahren geprüft werden, ob die Voraussetzungen immer noch vorliegen. Zu diesem Zweck werden Sie die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse wieder zugeschickt bekommen. Diese Erklärung müssen Sie ausfüllen. Tun Sie das nicht, laufen Sie Gefahr, dass das Amtsgericht die VKH aufhebt und Sie die Kosten Ihres eigenen Anwalts und ggflls. Gerichtskosten zahlen müssen. Damit das nicht passiert, teilen Sie Ihrem Anwalt oder dem Amtsgericht immer Ihre aktuelle Anschrift mit und reagieren Sie immer auf Schreiben vom Amtsgericht.

 

Hat das Gericht Raten angeordnet, dann hat es Ihnen auch gesagt, ab wann die Raten zu zahlen sind. Es wird Ihnen auch schriftlich mitteilen, wenn Sie diese nicht mehr zahlen müssen. Das ist der Fall, sobald die Verfahrenskosten abgedeckt sind, längstens aber nach 48 Monaten. Das hängt auch von der Höhe der Raten ab.

Ich habe beim Jugendamt eine Beistandschaft beantragt. Kann ich trotzdem den Unterhalt gerichtlich geltend machen?

 

Nein, die Beistandschaft bewirkt, dass das Jugendamt in Unterhaltsverfahren als Vertreter des Kindes auftritt. Solange die Beistandschaft besteht, würde das Gericht Ihren Antrag ablehnen, weil Sie nicht berechtigt sind. Haben Sie die Beistandschaft jedoch aufgekündigt, dann besteht dieses Problem nicht mehr und Sie können außergerichtlich und auch bei Gericht uneingeschränkt die Rechte Ihres Kindes geltend machen.

Ich wurde aufgefordert, den Unterhalt des Kindes titulieren zu lassen. Was heißt das?

 

Wenn Sie einem Kind unterhaltsverpflichtet sind, dann hat es das Recht, ein Schriftstück zu verlangen, mit dem es den Unterhalt notfalls pfänden lassen kann, wenn Sie nicht pünktlich zahlen. Dieses Schriftstück nennt man juristisch einen Titel. Am einfachsten ist es den Titel über das Jugendamt erstellen zu lassen. Dort wird dann eine sogenannte Jugendamtsurkunde erstellt, aus der sich ergibt, wem Sie wie viel Unterhalt ab wann schulden. Diese Urkunde ist kostenlos.

Sie können auch bei einem Notar eine solche Urkunde erstellen lassen. Auch der Notar darf dafür keine Kosten erheben.

Machen Sie von diesen Möglichkeiten keinen Gebrauch und leitet das Kind ein Gerichtsverfahren in die Wege, dann wird dort ein deutlich teurerer Titel in Form eines gerichtlichen Beschlusses oder auch eines Vergleichs erstellt.