Was bislang ein unkalkulierbares Risiko für alle war, könnte ab 2020 nur noch ein Luxusproblem sein.
Es ist ein alltäglicher Vorgang: die Eltern werden alt und bedürftig. Wenn ein Verbleib Zuhause nicht mehr möglich ist, folgt die Unterbringung in einem Pflegeheim. In den meisten Fällen reicht die Altersvorsorge nicht aus, um die Heimkosten zu decken und die Sozialhilfe tritt zunächst ein.
Bisher ist die Sozialhilfe nur nachrangig, d.h. sie soll nur überbrücken, bis feststeht, wer Unterhalt zahlen oder sich zumindest an den Kosten beteiligen kann.
Durch einen Entwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales soll dieser Rückgriff der Sozialhilfe auf die Kinder ab 2020 erst dann möglich sein, wenn das Einkommen 100.000 € überschreitet. Bis zu diesem Einkommen, soll kein Rückgriff möglich sein und damit wäre der Elternunterhalt für „Normalverdiener“ erledigt. So sieht es der Entwurf Gesetzes zur Entlastung unterhaltsverpflichteter Angehöriger in der Sozialhilfe und in der Eingliederungshilfe (Angehörigen-Entlastungsgesetz) vor.
Mit dem Gesetzesentwurf soll der Sozialhilferegress dem Gedanken der Grundsicherung angepasst. Eltern, die noch Zuhause wohnen können, deren Einkommen aber zur Bestreitung des Lebensunterhalts zu niedrig ist, können ergänzend Grundsicherung beantragen. Auch hier bleiben die Kinder vom Rückgriff verschont, wenn das Einkommen 100.000 € nicht übersteigt.
Es wäre sehr wünschenswert, wenn der Entwurf auch Gesetz würde, damit die Lage in den Familien sich entspannt. Eltern könnten ohne Ängste um die finanzielle Belastung der Kinder früher die Unterbringung in einer Pflegeeinrichtung akzeptieren. Kindern, die aus welchen Gründen auch immer, häufig jahrzehntelang keinen Kontakt hatten, müssen nicht befürchten, zum Unterhalt für eine Person herangezogen zu werden, die praktisch ein Fremder geworden ist.
Besonders gut wäre es, wenn die 100.000 € Grenze noch angemessen angehoben würde, denn dieser Betrag stammt aus dem Jahr 2005, als die Grundsicherung eingeführt wurde. Sozialhilfesätze sind in der Zwischenzeit ja auch angepasst worden.